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German Press SpiegelExtra (07/96) 
AfrikaPost (12/96) 

Spiegel (Das kultur-magazin)Extra
(07/96)

Spiegel Extra (© Frank Marburger)

Artisten der Armut
Die Kinder des «Circus Ethiopia» auf Deutschland-Tournee
(Claudia Voigt)

Niemals würde Hassan den Kopf einzie-hen. Kerzengerade stehter da und krönt eine fünfstöckige Menschenpyramide. Dabeistößt er mit dem Scheitel an die Decke der Trainingshalle. Aberwas sind schon ein paar Schrammen, verglichen mit dem Stolz, den Hassanspürt, ganz oben an der Spitze zu stehen. Hassan ist elf Jahre alt.Ungefähr. So genau haben sich die Eltern seinen Geburtstag nicht gemerkt.In äthiopien, wo er mit seiner Familie lebt, herrschte Mitte der achtzigerJahre eine der bitter-sten Dürrekatastrophen - rund eine Million Men-schenverhungerten. Hassans Familie überlebte - auch den jahrzehntelangenKrieg gegen Eritrea. Heute gehört sie zur Mittelschicht eines armenLandes. Einmal am Tag kocht die Mutter heißen Tee und serviert säuerlicheTeigfladen mit Gemü-se. Nachts kriechen die drei Geschwister in einge-meinsames Bett, um sich gegenseitig zu warmen. Aber die Familie hatetwas, worauf sie stols ist: An den Wänden des einfachen Lehmhauseshängen Fo-tos von Hassan, dem Artisten. Auf der einzigen Kommode stehteine Urkunde vom "Circus Ethiopia". Wenn Hassan morgens zur Schule geht,schlen-dert er selbstbewußt über die Straße. Offen schauter geradeaus, statt seinen Blick zu senken, wie so viele Gleichaltrigees tun, die bettelnd durch Addis Abeba streifen. Sogar Fremde begrüßenihn mit seinem Namen, denn Hassan und seine Freun-de vom Circus Ethiopiasind berühmt in der äthio-pischen Hauptstadt.
Circus Ethiopia (© Frank Marburger)
Die Kinder und Jugendlichen werden für etwas be-wundert, das zu schaffenunmöglich erschien: In einem Land, in dessen Sprache das Wort «jonglie-ren»nicht vorkommt, hantieren sie mit Bällen und brennenden Keulen. Aufeinem Boden, der vor Trockenheit nur so staubt, schlagen sie Flick-flacks.Sie haben für äthiopien den Zirkus erfun-den - deshalb streckt Hassanauf der himmelwärts strebenden Menschenpyramide seinen Rückenganz weit durch.

Circus-Ethiopis-Shows sind sprühende Spektakel im tristen Alltagvon Addis Abebas: Den Auftakt zelebriert die zehnkopfige Zirkus-Band, dieunter einer schattenspendenden Plane schwitzt. Trotz sengender Sonne heiztsie dem Publikum mit Mu-sik und Gesang oft über eine Stunde lang ein- das gehört sich so in äthiopien. Auch daß nach weni-gen Songsbereits die ersten Zuschauer auf die Bühne flitzen, um den Sängerzu küssen. Eine Landessitte, die echte Begeisterung ausdrückensoll. Hin und wieder rücken die Fans den Inter-preten allerdings sonah, daß es zu wahren Knutsch-Tumulten kommt und die Polizei eingrei-fenmuß.

Der Auftritt der Zirkuskinder bringt alle wieder zur Besinnung - Flickflackschlagend fliegen sie auf die Bühne, als wenn sie sich noch niemalsnur auf zwei Beinen fortbewegt hätten. Wie nebenbei verknoten sichdie Mädchen zu meterhohen Statuen, während die Jungs Wie Gummibälledurch die Luft sausen. Wo soll man zuerst hinsehen ? Diz Truppe scheintsich einen spaß daraus zu machen, ihre Zuschauer zu überfordern.
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Afrika Post
(12/96)

"Der Circus Ethiopia - ein Jugendwerk besondererArt"
(Anita Walter)

In Köln begeisterten sie die Zuschauer: dieArti-sten vom Circus Ethiopia. Was ist das Besondere an diesem Zirkus,und wer sind die jungen Künstler, die im Spätsommer in Deutschlandihr Können vorstellten?

Die Grundidee zum Circus Ethiopia entstand im Jahr 1991. Marc Lachance,ein ka-nadischer Lehrer an der Inter-nationalen Schule in Addis Abeba,hatte mit ein paar Ju-gendlichen ein kleines artisti-sches UnterhaltungsprogrammaIs Beitrag zu einem jüdischen Gemeindefest eistudiert. A1-lerdingsverlor Marc schon kurz darauf sein erstes Ensem-ble. Denn nach dem Regie-rungswechselnoch im gleichen Jahr lösten sich jüdische Ge-meinden in äthiopienauf bzw. siedelten nach Israel über.

Von Sportlern gefördert
Circus Ethiopia (© Frank Marburger)Dochder Baum der ge-pflanzt war, hatte bereits Wur-zeln geschlagen. Es gelangdem Lehrer, nach und nach eine neue Truppe zusammen-zustellen. Er begeisterteKin-der und Jugendliche aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichtenfür seine Idee und führte sie zu einer "Fami-lie" mit gemeinsamenZielen zusammen. Ein Sportlerteam, unter ihnen Aweke Emiru, heute der künstlerischeLeiter und Trainer des Zirkus', unter-stützte ihn bald tatkräftigund baute den artistischen Rahmen aus. Sowohl der kanadische Cirque duSoleil als auch internationale Hilfsorganisationen wie Oxfam, das RoteKreuz, Unicef u.a. wurden auf dieses Jugendwerk aufmerksam und halfen.

Es dauerte nicht lange, bis der Circus Ethiopia in äthiopi-ens Hauptstadtunentgeltlich öffentlich auftrat. Die Besucher kamen scharenweise.Be-stärkt durch die ständig wach-sende Zahl an Zirkusfreundenkam der Gedanke auf, die jun-gen Artisten, die beim Circus Ethiopia eineHeimat gefunden hatten auch außerhalb der na-tionalen Landessgrenzenvorzu-stellen.
In den Sommerferien dieses Jahres ging der Circus Ethiopia also aufgroße Europa-Tour-nee. In Deutschland gastierte er u.a. in München,Berlin und - zum krönenden Abschluß -- in Köln. Vollbesetzte"Häuser" und rauschender Beifall zeig-ten den jungen Artisten, wiesehr ihr Können auch in Eu-ropa gefragt und geschätzt wurde.
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